Balance zwischen Freiraum und Grenzen

Ein fortlaufender Prozess in der Erziehung

Um eine gesunde Balance zwischen Freiraum und Kontrolle zu finden, solltest du dir als Elternteil die Frage stellen, wie viel Freiraum dein Kind benötigt, um sich individuell entfalten zu können. Dabei sind Aspekte wie Sicherheit und Orientierung wichtige Kriterien. 

Kinder und Jugendliche brauchen Freiraum, um ihre Umwelt zu erkunden, Erfahrungen zu sammeln und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Gleichzeitig sind klare Grenzen und Regeln wichtig, um ihnen Orientierung zu geben, Sicherheit zu vermitteln und sie auf ein eigenverantwortliches Leben vorzubereiten.

Kinder und Jugendliche suchen immer wieder nach Handlungsräumen, die außerhalb der Kontrolle von euch Eltern liegen. Das ist wichtig, denn nur so lernen sie eigene Entscheidungen zu treffen und auch aus etwaigen Fehlern zu lernen. Freiheiten sind wichtig, damit dein Kind lernt Eigenständigkeitzu entwickeln.


 

Kinder und Jugendliche brauchen und nutzen diese Freiheit je nach Alter unterschiedlich. Jüngere Kinder ziehen sich in ihr Zimmer zurück oder schauen heimlich länger Fernsehen, wenn Mama oder Papa nicht aufpassen. Sobald Kinder lesen lernen, können sie auch Online-Medien mehr und anders nutzen. Je älter dein Kind wird, desto wichtiger ist es, dass es auch eigene Entscheidungen trifft.



 

Freiräume und Grenzen

Als Elternteil solltest du deinem Kind nach und nach mehr Freiräume lassen, damit es sich entwickeln kann. Aber auch Grenzen, ganz unterschiedlicher Art, sind für seine Entwicklung notwendig.

Warum brauchen Kinder und Jugendliche Freiräume und Grenzen?

Für ein harmonisches und ausgewogenes Zusammenleben sind Regeln und Grenzen unentbehrlich. Die Balance zwischen Freiräumen und Grenzen nimmt Einfluss auf eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Eltern müssen sich nicht verbiegen und alles tolerieren. Wenn du in allem nachgibst oder dich raushältst, entsteht bei deinem Kind irgendwann der Eindruck, dass dir alles egal ist. Durch Grenzsetzung wird das vermieden, denn dein Kind merkt: "Es kümmert sich jemand um mich, ich bin meinen Eltern wichtig."

Trotzdem kannst du sicher sein, dass dein Kind immer wieder gegen die von dir gezogenen Grenzen angehen wird. Und das ist gut und wichtig. Im Überschreiten der Grenzen lernt es dich kennen. Es lernt, bestimmte Grenzen anzuerkennen und andere als unnötige, sinnlose Beschränkung zu betrachten.

Freiheit heißt nicht Grenzenlosigkeit!



 

Wenn Regeln und Grenzen klar und deutlich ausgesprochen werden

geben diese deinem Kind ein Gefühl von Sicherheit, Orientierung und Stabilität. Kinder wissen, was ist erlaubt und was nicht. 

stärken diese das Selbstvertrauen deines Kindes. Es lernt, mit Unsicherheiten und Ängsten umzugehen und kann passende Bewältigungsstrategien entwickeln. 

zeigen sie deinem Kind, was im Zusammenleben mit anderen von ihm erwartet wird und es selbst von den anderen erwarten darf. 

fördern diese die emotionale Entwicklung. Freiräume ermöglichen es, Kreativität und eigene Interessen auszuleben. 

strukturieren diese den Alltag. 

fördern diese das soziale Miteinander. 

verdeutlichen diese zusätzlich, dass jeder Bedürfnisse hat, auf die Rücksicht genommen werden sollte. So lernt es z. B. soziale Fähigkeiten wie Teilen, Kompromisse eingehen und Konflikte lösen. 

Zu Regeln und Grenzen gehört, dass sie bei Nichteinhaltung Folgen haben werden. Diese müssen von Beginn an sowohl festgelegt als auch ausgesprochen werden. Nur so wird deutlich, wie ernst die Abmachungen gemeint sind.


 

Zwischen Schutz und Freiraum

Eltern haben immer das Bedürfnis, Ihr Kind vor Gefahren zu schützen – egal, ob im Straßenverkehr, beim Spielen und Toben auf dem Spielplatz oder aber immer wieder aktuell bei der Mediennutzung. Dabei spielt es keine Rolle wie alt das Kind ist. Schließlich lauern überall potenzielle Gefahren. Wenn Kinder aber nie einer Gefahr oder einem Problem ausgesetzt sind, weil du von Vornherein versuchst, es davor zu bewahren, können sie nicht lernen damit umzugehen. 


 

Den richtigen Mittelweg finden: die optimale Balance zwischen Freiraum und Kontrolle ist nicht festgesetzt, sondern hängt von den individuellen Bedürfnissen, dem Alter der Kinder und der jeweiligen Situation ab. Als Eltern durchläuft man einen fortlaufender Prozess des Aushandelns und der Anpassung. Grenzen, die gestern noch wichtig erschienen, verhindern heute vielleicht bereits einen wichtigen Schritt der persönlichen Entwicklung.


 

Spätestens im Teenie-Alter kommen soziale Netzwerke und Computerspiele dazu. Den Zugang zu diesen Plattformen generell zu verbieten, ist unmöglich und aus pädagogischer Sicht nicht sinnvoll. Jedoch können in diesen Räumen auch bewusst oder unbewusst Grenzen überschritten werden. Es gehört besonders zur Jugendphase dazu, sich vom Elternhaus abzugrenzen und eigene Wege zu gehen. Dein Kind möchte herausfinden, wer es ist. Deshalb werden Grenzen ausgetestet und persönliche Freiheitsräume gesucht. Social Media bietet dafür viele Möglichkeiten.

Es ist in Ordnung, wenn du dein Kind nicht überall beaufsichtigst. Eigenständigkeit ist positiv und sollte von dir unterstützt und begleitet werden. Dazu gehört aber, dein Kind darauf vorzubereiten, indem du ihm die Risiken und Chancen digitaler Medien bewusst machst und Wege zeigst, damit umzugehen. Gemeinsam vereinbarte Medienregeln können helfen. Dazu sollten nicht nur Medienzeiten gehören, sondern auch ausgewählte Medieninhalte und App- Berechtigungen. Solche Regeln sollten jedoch immer wieder neu ausgehandelt werden, um sie dem Alter deines Kindes anzupassen.

Nach und nach ein bisschen Kontrolle abzugeben und dein Kind bei allen Entscheidungen miteinzubeziehen, kann helfen. Nur wenn es deine Sorgen versteht, kann es Regeln auch umsetzen. Trotzdem wird es – gerade in der Pubertät – auch Momente geben, in denen dein Kind sich nicht daran hält. Ruhig bleiben und immer wieder das Gespräch suchen, kann helfen. Sei immer ansprechbar, falls es mal an seine Grenzen kommt und alleine nicht mehr weiter weiß.

Hier möchte ich kurz das Thema "Umgang mit digitalen Medien" anschneiden. Besonders in diesem Bereich fällt es mir schwer, ein richtiges Mittelmaß zu finden. Erst kürzlich hatte ich das Thema mit meiner zwölfjährigen Tochter. Es ging um das Portal TikTok. Bis dato waren sämtliche Inhalte dieser Seite für sie auf ihrem Smartphone gesperrt. Nun kann ich als Mutter dennoch nicht verhindern, dass sie sich Videos etc. ansieht, denn sie hat Freunde in der Schule, bei denen der Jugendschutz nicht so ernst genommen wird, wie bei uns. Wir haben darüber gesprochen, wie gefährlich dieser Kanal sein kann und wie viel beziehungsweise wenig man in solchen Formaten am besten von sich preis gibt. Dann haben wir zusammen die Entscheidung getroffen, dass ich es freischalte, unter der Bedingung, dass Inhalte mit der FSK16 weiterhin für sie gesperrt bleiben. Sie war einverstanden. Sie versprach mir, sich bei komischen Inhalten an mich zu wenden. Fazit: Ich gebe ihr mehr Freiraum, in einem meiner Meinung nach unsicherem Umfeld, muss aber darauf vertrauen, dass sie sich mir anvertraut, wenn ihr etwas merkwürdig vorkommt. 



 

Wichtig für ein gesundes Gleichgewicht: 

Kommunikation: Offene und ehrliche Kommunikation ist entscheidend, um Bedürfnisse, Erwartungen und Grenzen klar zu formulieren und Missverständnisse zu vermeiden.

Vertrauen: Ein gewisses Maß an Vertrauen in die Fähigkeiten und das Verantwortungsbewusstsein des Gegenübers ist wichtig, um Freiräume zu ermöglichen.

Flexibilität: Die Fähigkeit, sich an veränderte Situationen und Bedürfnisse anzupassen, ist unerlässlich, um die Balance zwischen Freiraum und Kontrolle zu halten.

Reflexion: Die regelmäßige Reflexion über die eigene Rolle und die Auswirkungen von Freiraum und Kontrolle auf die Beziehung zu meinem Kind, ihrem Umfeld und der Wirkung nach Außen ist wichtig, um die Balance zu optimieren.


 



 

Regeln und Grenzen sollten immer altersangemessen sein. 

Je älter Ihr Kind wird, umso mehr können Sie ihm oder ihr erklären, warum gewisse Regeln wichtig sind.


 

Babys und Kleinkinder

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Grenzen eng gesteckt, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Je mobilier ein Baby oder Kleinkind wird, umso größer wird der Raum, indem es eigene erste Erfahrungen sammelt und sich entwickelt. In den ersten Lebensjahren sind Babys auf die Fürsorge ihrer Eltern angewiesen. Wenn Eltern das Umfeld ihrer Babys und Kleinkindes entsprechend sichern, können sie sich innerhalb bestimmter Grenzen weitgehend frei bewegen und entwickeln. Dazu gehört auch, hinzufallen und alleine wieder aufzustehen. Viele Pädagogen raten dazu, nur so viel Sicherheit zu geben, dass lebensbedrohliche und wirklich gefährliche Situationen abgewendet werden, nicht aber Situationen, aus denen das Kind etwas lernen kann. 

Ein Beispiel: Haushaltsreiniger und giftige Stoffe im Haushalt gehören so weggeräumt, dass das Kleinkind auf keinen Fall in Kontakt damit kommen kann. Auf dem Spielplatz kann man dem Kind durchaus zutrauen, mit Sand und Dreck in Berührung zu kommen, damit es merkt, dass Sand nicht schmeckt und eklig knirrscht, wenn man versucht es zu essen. 


 


 

3 Jahre / Kindergartenalter

Mit zunehmenden Alter wird auch der Forschungsdrang von Kindern größer. Jetzt wird probiert, experimentiert, geforscht. Kinder in diesem Alter experimentieren mit Dingen, um zu sehen, was geschieht und welche Eigenschaften sie haben. Freiräume sind wichtig, damit Kinder Spielraum für dieses Experimentieren haben. Grenzen sind parallel notwendig, da sie deinem Kind Orientierung geben und es vor Gefahren schützen sollen. 

Ab dem späten Kindergartenalter sind Kinder von ihrer geistigen Entwicklung her in der Lage, bestimmte logische Argumente zu verstehen. Das Zähneputzen ist ein Beispiel dafür: Kinder verstehen, dass man das tun muss, weil die Zähne sonst Löcher bekommen können.

Die Einhaltung bestimmter Regeln ist für manche Kinder einfacher, wenn sie spielerisch umgesetzt werden können. Probier doch mal den Gang ins Bad als Frosch oder veranstaltet in der Familie einen ein Zahnputzwettbewerb. So kann Spaß für die ganze Familie in die Sache gebracht werden.

Dein Kind schreit und möchte so gar nicht die Regeln einhalten? Keine Sorge! Dies ist noch das klassische Alter der großen Gefühlausbrüche, wenn die Wünsche und Ideen des Kindes nicht umgesetzt werden, wenn es an Grenzen stößt, die ihm nicht gefallen.

Manchmal braucht es jedoch ein klares Nein. Und Kinder dürfen auch mal sauer über ein Nein sein. Daran können Kinder wachsen, denn das Aushalten von Wut gehört zum Großwerden dazu. Hier ist es wichtig, das Kind in seinen Gefühlen ernst zu nehmen und zu begleiten, aber eben auch an den Regeln, die für die Familie wichtig sind, festzuhalten.


 

Jugendliche

Bei älteren Kindern und Jugendlichen sollten Regeln und Freiräume dem Alter und dem Verhalten des Kindes und des Jugendlichen angemessen sein. Gegenseitiges Vertrauen und respektvoller Umgang spielen hier eine Rolle. Auch hier gilt: Regeln sollen gemeinsam besprochen und aufgestellt werden. Auch die möglichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung sollten miteinander festgelegt werden.

Zum Beispiel bei den Ausgehzeiten: Einigt euch gemeinsam auf die Zeiten, zu denen dein Kind spätestens zu Hause sein muss. Vereinbart, dass dein Kind dich bei Verspätungen in jedem Fall informiert. Solche Vereinbarungen können ohne großen Aufwand eingehalten werden und geben euch als Eltern und deinem Kind einen sicheren Rahmen. 

Ich handhabe das mit meinen Kindern folgendermaßen: 

Tochter 12: Sie darf mittlerweile alleine mit dem Bus in die Stadt, da sie dort auch zur Schule geht und einige ihrer Freundinnen dort wohnen. Aber! Sie darf nie ohne Handy aus dem Haus und sie muss mir Bescheid geben, wenn sie in der Stadt angekommen ist, sich zwischendurch melden und mir Bescheid geben, wenn sie wieder im Bus Richtung nach Hause sitzt. Und: Im Winter muss sie im Bus nach Hause sitzen, bevor es dunkel wird. 

Sohn 10: Er darf sich in unserem Ort mit dem Fahrrad frei bewegen, aber ich will immer wissen, wo er ist. Das bedeutet, er sagt mir vorher, mit wem und wo er hinfährt. Sollten die Kinder auf einen anderen Spielplatz wechseln wollen, muss er vorher anrufen und fragen und Bescheid geben, wenn sie angekommen sind. Für ihn gilt im Winter das gleiche, zuhause sein, bevor es dunkel wird.

Bis jetzt funktioniert es ganz gut. Mal sehen, wie das wird, wenn Nummer drei und vier auch alleine raus dürfen. 

Insbesondere Jugendliche in der Pubertät brauchen Freiraum durch Loslösen. Jugendliche entfernen sich von ihren Eltern, deren Einstellungen und Sichtweisen. Dies ist ein normaler und notwendiger Vorgang für die eigene Identitätsfindung und Loslösung vom Elternhaus.

Jugendliche neigen dazu, sich selbst zu überschätzen und sich für unverletzlich zu halten. Das hat eine positive Seite. Denn das gibt ihnen den Mut, Dinge auszuprobieren. Andererseits kann es leider auch dazu führen, dass Jugendliche leichtsinnig werden. Selbst wenn die jungen Menschen um die Folgen wissen, die sich aus einem bestimmten Verhalten ergeben können, schätzen sie häufig die Gefahr für sich selbst falsch ein.

Den besten Schutz bieten Eltern ihrem Kind, wenn sie mit ihm in Kontakt bleiben, ihm zuhören, ihm immer wieder Unterstützung anbieten.


 

Grenzüberschreitung - Wie sollen Eltern reagieren?

Grundsätzlich solltest du jede Grenzüberschreitung ernst nehmen. Dazu gehören natürlich alterstypische Vergehen, Mutproben oder wenn sich dein Kind selbst gefährdet. Dazu gehört aber auch, wenn dein Kind später nach Hause kommt, als besprochen. Auch wenn die Grenzen von Familienmitgliedern oder anderen Personen verletzt wurden, solltest du auf jeden Fall einschreiten.

Sprich mit deinem Kind darüber. Findet gemeinsam heraus, warum das eine oder das andere passiert ist. Überlegt gemeinsam, was getan werden kann, damit sich dein Kind an die Regeln hält. Das bedeutet natürlich noch nicht, dass es das in Zukunft auch tut. Du musst ihm immer wieder zeigen, dass es für sein Verhalten verantwortlich ist und dass bestimmte Verhaltensweisen bestimmte Konsequenzen nach sich ziehen. Nur so kann es lernen, Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen.

Im Übrigen genügt manchmal ein Stirnrunzeln, ein knapper Hinweis, warum die Beachtung der Regel wichtig ist. Nur selten sind ausführliche Erklärungen nötig, die die Folgen einer Grenzüberschreitung noch einmal verdeutlichen und begründen.

Auf keinen Fall solltest du eventuelle Delikte verharmlosen. Hilf deinem Kind dabei, die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Ermutige es, sich zu entschuldigen und einen möglichen Schaden wiedergutzumachen.

Gehe mit gutem Beispiel voran, indem du Grenzen bewusst einhälst. Auf diese Weise bist du ein Vorbild für dein Kind, es kann von dir lernen, dass es die Grenzen anderer respektieren muss.


 


 

Quellen: elternguide.com, bear.bayern.de, datenschutz-print.de

©copyright 2025 Christiane Sagorski

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